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Stellungnahme zu dem Artikel des Herrn RA Stefan Michaelsen, M.B.A. (Chicago), zu: Subprime- Umschuldungsdarlehen bei teilweisem Schuldenerlass in der ZinsO

Grundlegende Fragestellung:

Wie reagieren Inkassofirmen auf ein breites Angebot von Einmalzahlungen in Verbindung mit Teilerlasswünschen?

Status Quo der Inkassofirmen:

Außergerichtliche Schuldenbereinigungspläne werden seitens von Inkassofirmen in hundert Fällen zu einer Quote von 15 – 20 % akzeptiert. Diese außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren können durchgeführt werden, da ein Verwandtendarlehen in Anspruch genommen wird. Außergerichtliche Schuldenbereinigungspläne scheitern nach Sicht von Inkassofirmen dann, wenn die angebotenen Quoten oder Einmalzahlungen zu gering sind. Nach Dafürhalten von Inkassofirmen unter Auswertung betriebswirtschaftlicher Gründe wie Personalkosten, Verwaltungskosten, Kontoführungskonten etc. sind angebotene Einmalzahlungen oder Quoten in Höhe von 35 – 50 % der Gesamtforderung akzeptabel. Nur in dieser Höhe sind vor allem auch die entstandenen Inkassokosten in der Regel abgedeckt. Danach wird auch definiert, ab wann die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgsversprechender ist. Prinzipiell besteht jedoch eine hohe Skepsis gegenüber außergerichtlich unterbreiteten Schuldenbereinigungsplänen. Dies begründet sich aufgrund der Tatsache, da oft nicht genügend überprüft werden kann, ob die außergerichtlich dargelegten Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldner den Tatsachen entsprechen. Vorausgesetzt, es wird ein Einmalbetrag angeboten, so kann beispielsweise nicht überprüft werden, ob dieser Einmalbetrag aus einem Verwandtendarlehen, wie oft vorgegeben, gezahlt wird oder doch auf eigenen noch verfügbaren liquiden Mitteln bezahlt werden kann. Dementsprechend besteht prinzipiell, vor allem auch ohne Berücksichtigung des § 300 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 InsO erhöhte Skepsis in Bezug auf außergerichtliche Schuldenbereinigungen.

Zu den Darlegungen im Aufsatz im Einzelnen:

Zu 2. des „Pfändungsschutzkonto als neue Verteidigungslinie der Schuldner“

Hier kann nach Erfahrungen des Bundesverbandes für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. nicht pauschal bestätigt werden, dass das Pfändungsschutzkonto eine neue Verteidungslinie für alle Schuldner wäre. Häufig verhält es sich so, dass das Pfändungsschutzkonto dann von Schuldnern als bequeme Verteidigungslinie in Anspruch genommen wird, die unter Umständen in einem Insolvenzverfahren ohnehin nur einen Nullplan anbieten könnten. Bei Schuldnern, welche aufgrund ihres Alters, der Erwerbssituation und ihres Gesundheitszustandes auch in Zukunft durchaus in der Lage wären, unter Umständen vernünftige Zahlungspläne einzuhalten, dient es lediglich zur Sicherung eines minimalen Lebensniveaus. Diese Schuldner sehen das Pfändungsschutzkonto jedoch lediglich als einen Zwischenschritt an. Oft gewollt ist bei dieser Gruppe eine außergerichtliche Schuldenbereinigung oder notfalls auch ein Insolvenzverfahren, so dass in absehbarer Zeit das Damoklesschwert von Zwangsvollstreckungs- und Pfändungsmaßnahmen abgewendet werden kann.

In Ergänzung zu Fußnote Nr. 13 kann aufgeführt werden, dass die Tatsache, das geringe Forderungen mit relativ hohen Nebenkosten belastet sind, oft dem Umstand geschuldet ist, dass in Folge von durchgeführten Pfändungs- und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (hier Pfändungs- und Überweisungsbeschluss) die kontoführende Bank des Schuldners daran gehalten ist, diesen über die Pfändungsmaßnahme zu informieren. Sie klärt ihn dann über die Möglichkeit der Eröffnung eines Pfändungsschutzkontos innerhalb der Frist von 14 Tagen auf. Entscheidet sich Schuldner dann zu einem Pfändungsschutzkonto, geht die ausgeführte Pfändungsmaßnahme ins Leere, wodurch die Nebenkosten zur Forderung natürlich erhöht wurden.

 Zu IV. Werden alle Forderungen durch die neue 35 Prozent Quote gesetzlich abgewertet?

Nach Dafürhalten des Bundesverbandes für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. ist es zutreffend, dass in ca. 75 % der Fälle bis dato keine außergerichtliche Einigung aufgrund zu geringer Einmalzahlungen/Quoten stattfindet. Berücksichtigt wurde, dass jene Fälle, welche über eine außergerichtliche Schuldenbereinigung akzeptiert werden, oft durch Verwandtendarlehen gezahlt werden.

Im Wege der Einführung des neuen § 300 Absatz 2 S. 2 Nr. 2 InsO n.F. wird in Zukunft der Standard auch für außergerichtliche Vergleichsverhandlungen dahingehend beeinflusst werden, dass außergerichtlich keine höhere Quote als 35 % angeboten wird.

Nach Dafürhalten des Bundesverbandes für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. ist das Erreichen einer 35 % Quote das Minimum, wonach eine wirtschaftliche Vertretbarkeit für eine außergerichtliche Einigung hergestellt werden kann (s.o.).

Insofern wird erwartet, dass diese 35 % Quote in außergerichtlichen Verhandlungen als Druckmittel zur Erreichung einer Einigung eingesetzt wird, da bei fehlender Zustimmung mit dem Gang in ein Insolvenzverfahren gedroht wird.

Ausschlaggebender und daher entscheidender Grund wird sein, welche Kriterien die Person des Schuldners erfüllen muss, um ein vorgeschlagenes Subprime-Umschuldungsdarlehen zu erhalten. Dies muss vor allem für jene Schuldner gelten, die aufgrund ihres Alters, ihrer Gesundheit und ihrer Ausbildung im weiteren Verlauf ihres Lebens durchaus in der Lage wären, adäquate Zahlungspläne einzuhalten.

Dementsprechend muss die Frage gestellt werden, inwieweit hier Abgrenzungen zur Vergabe von Umschuldungsdarlehen gestellt werden. Klar wird sein, dass solche Umschuldungsdarlehen nicht an Schuldner im Bereich der sogenannten Null-Pläne vergeben werden. Wo jedoch dann eine Grenzziehung erfolgt, nämlich in jenem Bereich, der die Schuldner betrifft, welche über den sogenannten Null-Plänen liegen, ist kritisch zu betrachten. Ohne mangelnde Transparenz und Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Schuldners wird es dann für die Inkassofirmen noch schwieriger sein einzuschätzen, ob ein Schuldner die Möglichkeit einer Umschuldung aus Gründen wahrnimmt, welche im Grund einer Umschuldung liegen oder um die gegen ihn bestehenden Forderungen zu entwerten.

Dementsprechend kann sich für den Bundesverband für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. dann ein Vorteil durch ein sogenanntes Subprime-Umschuldungsdarlehen ergeben, wenn die Voraussetzungen zur Erlangung eines solchen Darlehens offen und transparent gestaltet werden. Dementsprechend müsste abgeklärt werden, inwieweit Schuldner, welche in einer fiktiven Rechnung durch den pfändbaren Teil ihres Einkommens eine höhere Quote als 35 % in einem fiktiven Insolvenzverfahren erzielen könnten, ein Umschuldungsdarlehen erhalten könnten. Es muss an dieser Stelle geklärt werden, ob auch in einem solchen Fall die Erlangungsvoraussetzungen für ein Umschuldungsdarlehen gegeben sind. Sollten diese Voraussetzungen für die Erlangung eines Umschuldungsdarlehens für den Erhalt des Darlehens unbeachtlich sein, so geht der Bundesverband für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. davon aus, dass eine faktische Entwertung der Forderungen stattfinden würde.

Bei jenen Schuldnern, welche aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres Alters durchaus in der Lage wären, höhere Quoten zu erzielen, bestünde dann natürlich erhebliche Skepsis gegenüber einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung im Wege einer Umschuldung, welche lediglich eine Quote in Höhe von 35 % erzielen würde.

Zu I. 4 ist dann insbesondere anzumerken, dass die Zahlen, von denen die Weizsäcker –Stiftung in Bezug auf die Vergabe von Umschuldungsdarlehen an Drogenabhängige etc. berichtet, mit Sicherheit nicht auf alle Fälle übertragen werden können, da eine Prognose für einen Drogenabhängigen mit Sicherheit kritischer in Bezug auf ein späteres Erwerbsleben gesehen wird als bei einem Schuldner ohne Suchtkrankheit.

Zu VI. „ Wie können Gläubiger zu Vergleichen motiviert werden?“

Gerade in Bezug auf Fußnote Nr. 40 wird bestätigt, dass es verlässliche Entscheidungsgrundlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldner oft nicht gibt. Würden dann, wie im oben beschriebenen Fall, Umschuldungsdarlehen vergeben werden, ohne das allgemein bekannt wäre, wie die Entscheidungsparameter für oder gegen den Erhalt eines Darlehens lauten, so würde weiterhin ein größeres Misstrauen in eine außergerichtliche Schuldenbereinigung bestehen bleiben.

Gemeint ist hier, dass die Kriterien für die Bewilligung von solchen Umschuldungsdarlehen allseits bekannt sein müssten. Sollte das Bewilligungsverfahren beispielsweise Darlehen auch an Schuldner vergeben, die aufgrund einer Prognoseentscheidung durchaus in einem Insolvenzverfahren in der Lage wären, eine Quote von weit über 35 % zu erzielen und die Maßstäbe wären nicht bekannt, so würde gegenüber außergerichtlichen Schuldenbereinigungen seitens des BFIF mit Sicherheit weiterhin eher größere Bedenken bestehen.

Zumindest könnte durch eine transparentes Bewilligungsverfahren, bei welchem klar festgelegt wird, wann und unter welchen Voraussetzungen, auch unter Beachtung einer Prognoseentscheidung für die das zukünftige Erwerbsleben ein Darlehen vergeben wird, Misstrauen beseitigen und außergerichtliche Vergleichsbereitschaft herbeiführen.

Zu VIII. „Gesetzliche Instrumente gegen Akkordstörer und Obstruktion“

  1. Zustimmungsersetzung nach § 309 InsO

§ 309 Abs. 1 Nr. 2 InsO normiert:

Eine Ersetzung der fehlenden Zustimmung bei gegebener Kopf- und Summenmehrheit kann nicht erfolgen, wenn der betroffene Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei der Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Teilung von Restschuldbefreiung stünde.

Ausschlaggebend für die Bewertung wird ebenfalls sein, ob sich dies in Zukunft auch auf § 300 Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 InsO n.F. beziehen wird. Im Falle einer Anwendung wäre mit einer gleichzeitigen Kupplung der Kreditvergabe an diese Voraussetzungen zumindest für die Inkassofirmen transparenter, dass eine Benachteiligung durch ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren nicht besteht.

X. „Sind geeignete Personen und Stellen in diesem Kundensegment auch geeignete Kredit- oder Schadensachbearbeiter?“

Anmerkung zu Seite 24 letzter Absatz:

Ein Beratungshilfeschein umfasst in der Regel die einmalige Beratung hinsichtlich der Voraussetzungen einer Insolvenzantragserstellung sowie ein außergerichtliches Tätigwerden eines Anwaltes für pauschal 121,38 €. In der anwaltlichen Praxis konnte festgestellt werden, dass die Handhabung der Amtsgerichte durchweg mehr als restrektiv in der Ausstellung von Beratungshilfescheinen für Privatinsolvenzen bzw. außergerichtliche Schuldenbereinigungen ist. Oft wird argumentiert, dass zunächst eine Schuldenberatungsstelle aufzusuchen ist. Hier herrscht dann unter den einzelnen Amtsgerichtsbezirken Streit, welche Wartezeiten für unangemessen erachtet werden, so dass unter Umständen auch schneller anwaltliche Hilfe über Beratungshilfe in Anspruch genommen werden kann. Prinzipiell lässt sich jedoch aus anwaltlicher Sicht sagen, dass eine Durchführung einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung bis hin zur Insolvenzantragsstellung über den Erhalt einer Geschäftsgebühr im Beratungshilfeverfahren wirtschaftlich nicht angemessen bzw. wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

Stellungsnahme von:  RAin Christina Grewe

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