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Haftung des Treuhänders gegenüber dem Rentenversicherer für nach dem Tod des Rentenempfängers überzahlte Rente
Eine für den Gläubiger einer Geldforderung eher „missliche“ Situation wurde uns kürzlich von einem Mitglied aus dem Bereich der Rechtsdienstleistungsunternehmen berichtet. Das Mitglied hatte von einem Gläubiger den Auftrag erhalten, eine Geldforderung gerichtlich und – im Bedarfsfall – auch im Wege der Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner durchzusetzen. Das Mitglied hatte auftragsgemäß die Geldforderung titulieren lassen. Da der Schuldner den titulierten Anspruch nicht beglich, leitete das Mitglied die Zwangsvollstreckung ein, in deren Verlauf die titulierte Geldforderung vollständig beglichen worden war. Hierbei hatte das Mitglied den Erlass und die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an einen Drittschuldner (Geldinstitut) bewirkt. Das Geldinstitut hatte sodann den in der Zwangsvollstreckung betroffenen Geldbetrag von dem Konto des Schuldners an das Mitglied ausgezahlt, das den Betrag sodann an seinen Kunden (Gläubiger) weitergeleitet hatte. Einige Zeit später wendete sich die Deutsche Rentenversicherung Bund an das Mitglied und forderte von diesem nach § 118 Abs. 4 SGB VI einen Teilbetrag des von dem Geldinstitut überwiesenen Betrages zurück.

Das SGB VI regelt die gesetzliche Rentenversicherung. Nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB VI werden laufende Geldleistungen am Ende des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; sie werden am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausbezahlt. Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut, für das die Verordnung (EU) Nr. 260/212 gilt, überwiesen werden, gelten als unter Vorbehalt erbracht (§ 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI). Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (§ 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI). Eine Verpflichtung des Geldinstitutes zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (§ 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI). Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistung unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftragung, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger) als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet (§ 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI). Den Erstattungsanspruch macht der Träger der Rentenversicherung durch Verwaltungsakt geltend.

Im vorliegenden Fall hatte das Mitglied nach Erhalt des entsprechenden Rückforderungsbescheides (Verwaltungsakt) Widerspruch gegen diesen eingelegt und argumentiert, dass es nur im Auftrag des Gläubigers der Geldforderung tätig geworden sei und den von dem Geldinstitut im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens erhaltenen Betrag an seinen Kunden (Gläubiger) weitergeleitet habe. Er sei daher nur Treuhänder gewesen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ließ diese Argumentation nicht gelten und erließ einen Widerspruchsbescheid, gegen den das Mitglied vor dem zuständigen Sozialgericht Klage erhob.

Im Rahmen dieses Klageverfahrens wird vermutlich auch ein Beschluss des Bundessozialgerichtes vom 30.03.2005, Az. B 4 RA 257/04 B, berücksichtigt werden müssen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die damalige Klägerin, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die Erstattung eines gepfändeten Betrages der Altersrente eines verstorbenen Versicherten von einem Rechtsanwalt begehrt. Die Altersrente war nach dem Tod des verstorbenen Versicherten an den beklagten Rechtsanwalt als den Bevollmächtigten der Pfändungsgläubigerin überwiesen und von diesem an die Pfändungsgläubigerin weitergeleitet worden. Die Fallgestaltung ist mit der des betroffenen Mitgliedes vergleichbar. Das BSG hat damals entschieden, dass nur derjenige, dem der Rentenversicherungsträger das Geld zweckgerichtet zur Vermehrung seines Vermögens zuwendet, Empfänger einer Geldleistung i.S.d. § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI ist. Das Vermögen desjenigen, der das Geld nur zwecks Weiterleitung an den Endempfänger erhalte, werde hingegen nicht vermehrt. Derjenige sei daher nicht als Empfänger der Norm anzusehen.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen des BSG müsste die gegen das Mitglied getroffene Entscheidung abgeändert werden. Sollte hingegen die Sichtweise der Deutschen Rentenversicherung Bund (rechtskräftig) bestätigt werden, sollten Rechtsanwälte und Rechtsdienstleister in vergleichbaren Situation ihren Workflow dahingehend abändern, dass veranlasst wird, dass von einem Geldinstitut oder einem Gerichtsvollzieher im Rahmen der Zwangsvollstreckung ausgekehrte Geldbeträge unmittelbar an den Gläubiger gezahlt werden. Anderenfalls könnte gegebenenfalls die „kuriose“ Situation eintreten, dass ein Rechtsanwalt oder ein Rechtsdienstleistungsunternehmen, das infolge der Weiterleitung gar nicht mehr über den betroffenen Betrag verfügt, im Außenverhältnis für – tatsächlich betrachtet – Verbindlichkeiten seiner Kunden (Gläubiger) haften würde.