069 153 227 510 post@bfif.de

Immer wieder haben sich die Gerichte im Rahmen der Eintreibung offener Forderungen mit der gewichtigen Frage zu befassen, ab wann die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners angenommen werden darf. Denn sie stellt den Beginn des einzuleitenden Insolvenzverfahrens dar. Der Bundesgerichtshof ging dieser Problematik mit Entscheid vom April 2015 nun jedoch auf den Grund.

Das rechtliche Szenario
Offene Rechnungen, die anschließenden Mahnungen und das gerichtliche Einfordern der betreffenden Summen stellen im täglichen Rechts- und Geschäftsverkehr ein notwendiges Übel dar. Nicht jeder Säumige lässt sich zur Zahlung der ausstehenden Gelder bewegen. Gelingt das doch, treffen vielfach nur kleine und unregelmäßige Tilgungen auf dem Konto des Gläubigers ein.

Im vorliegenden Falle hatte der Schuldner sich sogar ein Jahr lang Zeit gelassen, um überhaupt erstmals einen geringen Teil der Forderungen zu begleichen. Und das hatte er dann auch lediglich in zwei sehr geringen Raten getan. Schon stellte sich die Frage, ob hier von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen sei, die ein Insolvenzverfahren rechtfertigt.

Die Gefahr der falschen Annahme
Welche Konsequenzen folgen jedoch aus diesem Schritt, der sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger einen Wendepunkt im Streit um die ausstehenden Gelder darstellen wird? Geht das Gericht irrigerweise tatsächlich davon aus, der Beklagte könne seine Rechnungen aufgrund einer persönlichen Zahlungsunfähigkeit nicht begleichen und wird auf dieser Basis die Insolvenz eingeleitet, so droht eine Anfechtung derselben. In diesem Falle wäre der Insolvenzverwalter rechtlich dazu verpflichtet, die angenommene Zahlungsunfähigkeit zu untersuchen. Liegt diese allerdings nicht vor, so könnte der Schuldner zwar weiterhin zur Begleichung der Rechnungen verpflichtet sein – die Insolvenz wäre juristisch aber angreifbar.

Weitere Gründe erforderlich
Damit ergibt sich indes für den Gläubiger eine schwierige und ungewisse Situation. Er darf lediglich darauf hoffen, seine Forderungen irgendwann eintreiben zu können. Von einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann er ohne Hinzutreten weiterer Gründe jedoch nicht ausgehen. Welche Anforderungen daran zu knüpfen sind, ließ der Bundesgerichtshof in seinem Entscheid leider offen. Zwei geringe Ratentilgungen, die mit mehr als einem Jahr Verzögerung vorgenommen werden, begründen die Zahlungsunfähigkeit des Beklagten aber nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass sich das deutsche Rechtswesen in den kommenden Jahren mit ähnlichen Fällen befassen muss und dann auch eine konkrete Ausformung des geschaffenen Grundsatzes erfolgen kann.

Quelle: BGH (IX ZR 149/14)

Bildrechte: #91461288 | © alphaspirit – Fotolia.com